2024_Zur Seligsprechung Max Josef Metzgers: Seine Bedeutung als Vordenker und Vorkämpfer für Frieden und Ökumene
War es Zufall, Fügung, oder
gar Absicht, dass die Äußerung von Papst Franziskus über den ‚Mut zur weißen
Fahne‘, also sein Aufruf zu Verhandlungsbereitschaft an die beiden Kriegsparteien
Russland und Ukraine, in der gleichen Märzwoche bekannt wurde, wie die
Nachricht des Vatikan über die bevorstehende Seligsprechung des Freiburger
Diözesanpriesters Max Josef Metzger?
Mit Papst Franziskus vereint Metzger jedenfalls die Ablehnung des Krieges als Verbrechen gegen die Menschheit einerseits und die Überzeugung andererseits, dass eine humane Welt nur durch den Einsatz aller für den Frieden entstehen kann.
Freilich hatte sich Max Josef Metzger zu Beginn des Ersten Weltkriegs noch freiwillig und mit Überzeugung für einen Einsatz als Feldgeistlicher im benachbarten Elsaß gemeldet. Ende des Jahres 1916 setzte bei ihm angesichts des sinnlosen Stellungskriegs dann aber ein Prozess ein, der ihn zum Pazifisten werden ließ.
Folgerichtig rief er im Mai 1917 in Graz das „Weltfriedenswerk vom Weißen Kreuz“ ins Leben und legte Papst Benedikt XV. ein internationales religiöses Friedensprogramm vor, das dessen Zustimmung fand. Dieser „Friedenspapst“ war mit seinen verschiedenen Äußerungen zum Krieg damals ähnlichen Anfeindungen ausgesetzt, wie heute sein Nachfolger Franziskus.
In seiner Enzyklika „Dès le début“ griff Benedikt XV. sogar einige Forderungen der damaligen Friedensbewegung auf, darunter nach kontrollierter Abrüstung sowie nach einem internationalen Schiedsgericht zur nichtmilitärischen Konfliktlösung.
Überhaupt stellten die päpstlichen Friedensinitiativen für Metzger eine wichtige Legitimation der eigenen Friedensarbeit in dieser Zeit dar. Nach dem Waffenstillstands-Abkommen im Jahre 1918 forderte Metzger die Schaffung der „Vereinigten Staaten von Europa“ sowie den Verzicht auf nationale Heere zugunsten einer zentralen Armee unter der Leitung des Völkerbundes.
Auf der Suche nach Mitstreitern, die seine Visionen teilten und unterstützten, überschritt Max Josef Metzger fortan nicht nur nationale, sondern auch konfessionelle Grenzen. Er widmete sich zu einer Zeit, da Kontakte zwischen den christlichen Konfessionen seitens der Kirchenleitungen nicht erwünscht, gar verboten waren, intensiv der Ökumene und suchte trotz Widerständen immer wieder das Gespräch über Konfessionsgrenzen hinweg. Nicht zuletzt wurde Metzger so zum Motor der ökumenischen Una-Sancta-Gemeinschaften, die sich für die Einheit der Christen einsetzten. Dahinter stand sicherlich auch die Überzeugung Metzgers, dass die Christenheit sich nur geeint glaubwürdig und kraftvoll für Frieden und Völkerverständigung einsetzen könne.
Den Höhepunkt seiner ökumenischen Bestrebungen bildete sein Schreiben an Papst Pius XII, dem er die „Einberufung eines allgemeinen Konzils, das der neugeeinten Kirche das neue Gesicht zu geben berufen wäre“, vorschlägt.
Aber zurück zum Friedensengagement Metzgers: Bereits 1919 gründete er gemeinsam mit anderen pazifistisch orientierten katholischen Geistlichen den „Friedensbund Deutscher Katholiken“(FDK), die wichtigste Vereinigung katholischer Pazifisten in der Weimarer Republik.
In dessen Tradition versteht sich heute die Deutsche Sektion der internationalen katholischen Friedensbewegung pax christi. Vor allem deren Freiburger Diözesanverband kommt der Verdienst zu, seit vielen Jahrzehnten das Andenken an den Friedensvisionär und Ökumeniker aus dem badischen Schopfheim wachzuhalten.
1920 beteiligte sich Metzger auch bei der Gründung des mehrheitlich protestantischen „Internationalen Versöhnungsbunds“, zudem gelang ihm ein Zusammenschluss mit der internationalen Esperanto-Bewegung zur „Katholischen Internationale“.
Nach und nach wurde Metzger so zum führenden Mann der katholischen Friedensbewegung in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Von entscheidender Bedeutung für Max Josef Metzgers pazifistische Prägung war seine Mitarbeit am Ersten Demokratischen Internationalen Kongress 1921 in Paris. Auf Einladung des französischen Katholiken Marc Sangnier hielt Metzger dort als erster Deutscher nach dem Ersten Weltkrieg eine vielfach beachtete Rede über die Verbindung von Demokratie und Frieden vor mehreren tausend Teilnehmern.
Derart bestärkt, lud Metzger im August 1923 gemeinsam mit dem FDK zu einem Internationalen Kongress in den Freiburger Paulussaal ein, zu der wiederum Marc Sangnier gekommen war. Wie die Freiburger Zeitung schrieb, „gab ein Quäker, ein protestantischer Pastor und mehrere katholische Geistliche Erklärungen ab. Alle Reden gipfelten darin, daß Religion und Nationalismus sich nicht vereinigen ließen, und nur eine Vaterlandsliebe erlaubt sei, die auch anderen Staaten ein Recht auf das Leben einräume und daß Religion das Bindeglied zwischen den Völkern sein müsse.“
Dieser Kongress war für die deutsche Friedensbewegung in mehrfacher Hinsicht von großer Bedeutung. So war er der erste internationale Friedenskongress auf deutschem Boden nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und die deutsche Friedensbewegung fand dadurch Anschluss an die europäische Friedensbewegung, deren wichtigste Vertreter in Freiburg anwesend waren.
1928 wirkte Metzger schließlich auch bei einem interreligiösen Friedenskongress in Den Haag mit und hielt dort eine Rede zur biblischen Friedensbotschaft. Ein Jahr später warb er bei der „Internationale der Kriegsdienstgegner“, die mehrheitlich aus Sozialisten und Kommunisten zusammengesetzt war, mit dem Ruf „Menschen aller Staaten vereinigt euch gegen den Krieg“ für einen weltweiten passiven Widerstand gegen den Krieg.
Ein derart passiver Widerstand bestimmte auch Metzgers Haltung während der Zeit des Nationalsozialismus. Die Nationalsozialisten sollten freilich erst dem FDK, dann auch Max Josef Metzger ein Ende bereiten. Schon bald nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde der FDK verboten und Max Josef Metzger geriet aufgrund seines ökumenisch-pazifistischen Engagements ins Visier der Gestapo. Nach zwei Gefängnisaufenthalten in den Jahren 1934 und 1939 wird ihm schließlich eine Denkschrift zum Wiederaufbau Deutschlands nach dem Krieg zum Verhängnis. In diesem zeichnete Metzger das Bild von einem neuen Deutschland, das in ein vereintes Europa eingebunden sein sollte. Ein Verrat bringt ihn zum dritten und letzten Mal ins Gefängnis, wo der in seiner Todeszelle im Zuchthaus Brandenburg-Görden in Sträflingskleidung und Handfesseln Inhaftierte und zum Tode Verurteilte in zwei Abschiedsbriefen bekennt, dass er sein Leben Gott angeboten habe „für den Frieden der Welt und die Einheit der Kirche.“
Tatsächlich gilt vieles von dem, was Max Josef Metzger in Sachen Frieden und Ökumene vorgedacht und vorgelebt hat, heute als Selbstverständlichkeit. Seiner Zeit voraus, war Metzger Wegbereiter einer neuen Zeit, die mit dem II. Vatikanischen Konzil auch in der katholischen Kirche anbrechen sollte. Und ebenso wie sein evangelischer Zeitgenosse Dietrich Bonhoeffer kann er mit seiner Forderung nach einem gesamtchristlichen Friedenskonzil auch als Wegbereiter für den Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung verstanden werden.
Markus Weber